Ausgangssituation und Handlungsbedarf

Die fast 475 Jahre alte Ehemals Reichsstädtische Bibliothek (ERB) Lindau ist ein besonderer Teil des vom Stadtarchiv verwalteten Dokumentenerbes der Stadt Lindau (B). Sie ist die größte historische Rats- und Bürgerbibliothek am nördlichen Bodenseeufer. In ihr spiegeln sich wichtige Aspekte der deutschen und europäischen Geistes- und Kulturgeschichte zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert.

Die ERB befindet sich direkt im Zentrum eines historisch und touristisch wertvollen und stark frequentierten Ensembles im Herzen der Lindauer Insel mit folgenden Einzelobjekten, an der Spitze das Domizil der ERB selbst, das Alte Rathaus.
Die Maximilianstraße und der Seehafen mit der Hafeneinfahrt sind zwei zentrale touristische Destinationen in Lindau. Zwischen ihnen liegt das Alte Rathaus mit der ERB. Fast jeder der ca. 1 Million Tagesgäste aus aller Welt, die im Jahr die Lindauer Altstadt auf der Insel besuchen, kommt – man ist fast geneigt zu sagen: zwangsläufig – an ihm vorbei.
Dennoch können weder am Rathaus noch in der erweiterten Umgebung (abgesehen von einer Buchhandlung) Informationen zur Geschichte dieses Hauses und zu den angrenzenden Sehenswürdigkeiten erworben werden. Angesichts der Flut an visuellen Reizen wären solche aber dringend erforderlich. Sie könnten die Qualität des Inselbesuchs wesentlich steigern, denn sie bieten dem Touristen die Möglichkeit, über die Rolle des nur konsumierenden, fotografierenden Sightseers hinaus zu wachsen und zum nachhaltig informierten Besucher zu werden.

Projektziele

  • Ein vorhandenes kulturell und historisch wertvolles Erbe aus dem „Dornröschenschlaf“ wecken, d.h zugänglich machen, und dabei die konservatorisch-klimatischen Bedingungen für die unschädliche Lagerung der Bücher erhalten.
  • Voraussetzungen schaffen, ein großes Kulturerbe der Öffentlichkeit in umfangreichem Rahmen präsentieren zu können und damit ins Bewusstsein der Bevölkerung und der Besucher rücken.
  • Durch sensible Restaurierung und unter Beachtung der sicherheitstechnischen Voraussetzungen neues Leben in alte Gemäuer bringen und die besondere Atmosphäre der Räumlichkeiten mit den alten Buchbeständen kulturell und museumspädagogisch nutzen.
  • Geschichtsbewusstsein bei Jung und Alt, Einheimischen und Besuchern der Region wecken und dadurch die Kenntnis über die besuchte Region und/oder die regionale Identität fördern.
  • Eine Informations- und Wissenslücke schließen, die sich bei vielen Touristen der Stadt Lindau, aber auch bei Einheimischen, auftut.

Maßnahmen

  1. Errichtung eines transparenten Glaskubus mit einer Holzdach-Konstruktion im Erdgeschoß des Alten Rathauses zur Unterbringung und für den Erhalt des wertvollen, verderblichen Kulturguts und damit gleichzeitige Schaffung der Möglichkeit eines unbeschränkten Zugangs für eine breite Öffentlichkeit:
    Baumaßnahmen in den Räumen im EG des Alten Rathauses und Planung und Umsetzung des Kubus – Statik, Grob- und Feinkonzept, Visualisierung, Gebäudeerhalt (Denkmalschutz), Glasbautechnik, Elektro-, Schreiner, – Malerarbeiten, Sicherheit, Beleuchtung, Klimatechnik: Stadtbauamt Lindau, Abt. Hochbau, Johannes Allgaier.
  2. Einrichtung eines umfassenden Informationssystems über die ERB und über die Geschichte des Alten Rathauses und der Stadt für einheimische und touristische Besucher:
    Grob- und Feinkonzept, Visualisierung, mobile Glasvitrinen für Wechselausstellungen aus speziellen Themenbereichen der ERB, Ausstellungs- und Präsentationsflächen für besonders wertvolle Exponate im Kubus, transparente Infobänder am Kubus und Informations-Roll-Ups bei den Glasvitrinen, Erstellung eines Informationsvideos, großer Bildschirm zum ständigen Abspielen des Videos an der Ostseite der Halle, graphisches Layout und Design der Informationseinrichtungen, Erstellung eines Flyers und einer Homepage, Koordination von Exkursionen und Führungen für ein interessiertes Fachpublikum, Gestaltung und personaltechnische Umsetzung des Infopoint: Stadtarchiv Lindau, Stadtarchivar Heiner Stauder M.A.
  3. Einrichtung eines erlebnispädagogischen Konzepts „Buch“: Buchbinderei, Buchdruck und Buchgestaltung, für Schulausflüge, Workshops für die Schulklassen vor Ort und im Landkreis: Einrichtung des Nebenraums als Werkstatt für Kleingruppen mit bis zu 10 Kindern und Jugendlichen, Werk- und Anschauungsmaterial, Druckerpresse, Erstellen eines erlebnispädagogischen Konzepts „Mitmach-Archiv“: Museumspädagogische Fachkraft in enger Kooperation mit Stadtarchivar Heiner Stauder M.A., Stadt Lindau.

Beratender und unterstützender Partner des Projekts
Historischer Verein Lindau/Bodensee e.V.
Postfach 2145, 88131 Lindau, Tel: 08382/26737, kontakt@historischer-verein-lindau.de, Vorstand Michael Kiss.

Der über 300 Mitglieder starke Verein wurde 1889 unter maßgeblicher Beteiligung des damaligen ERB-Bibliothekars als „Museumsverein“ gegründet. Nach dem Übergang des Museums an die Stadt Lindau 1930 verlagerte sich der Schwerpunkt der Vereinstätigkeit zur historischen Bildungs- und Forschungsarbeit. Hier ergaben und ergeben sich immer wieder Berührungspunkte zur ERB, die der Verein als wesentlichen Bestandteil des Lindauer Kulturerbes immer wieder in Vorträgen und Führungen in den Blick der Öffentlichkeit rückt. 2008 brachte er in der Reihe seiner „Neujahrsblätter“ einen Katalog der ERB-Bibelsammlung heraus. Mit dem außerordentlich aufwändig gestalteten Doppelband trägt er nachhaltig dazu bei, den Bekanntheitsgrad der ERB sowohl in der Region als auch weit darüber hinaus zu erhöhen. Dazu wandte er finanzielle Mittel auf, die weit über das bis dahin übliche Maß für Neujahrsblätter hinausgegangen sind. Er hat damit eine wesentliche Vorarbeit für die jetzt angestrebte Öffnung geleistet, an deren Realisierung ihm sehr gelegen ist.

Projekt im Überblick
ProjekttitelEhemals Reichsstädtische Bibliothek (ERB) – „Altes Erbe neu erleben“
ProjektträgerStadt Lindau
ProjektgebietStadt Lindau
Beteiligte LAGRegionalentwicklung Westallgäu-Bayerischer Bodensee
Gesamtkosten
317.099 Euro
Fördersumme133.235 Euro
Projektlaufzeit2013-2015
FörderinstrumentLEADER 2007-2013
Bezug zum REKKunst und Kultur als wichtige Bestandteile der regionalen Identität fördern

Foto von Dr. Thomas Dobler Lindau