Grenzübergreifender Austausch und neue Impulse für die Regionalentwicklung
Westallgäu Das Zusammentreffen der Lokalen Aktionsgruppen (LAGen) Südtiroler Grenzland und Westallgäu-Bayerischer Bodensee Ende Oktober diesen Jahres stand ganz im Zeichen des grenzüberschreitenden Austauschs. Präsentiert wurden den Norditalienern Praxisbeispiele der hiesigen Regionalentwicklung, die mit LEADER-Fördergeldern aus der EU kofinanziert und von der WBF als Regionalmanagement begleitet worden sind.
Die norditalienische LAG hat sich mit ihrem Entwicklungskonzept erfolgreich für die Teilnahme am EU-Programm LEADER beworben und verfügt nun über rund 3,3 Millionen Euro an Fördermitteln, die bis 2020 intelligent investiert werden wollen. Dies war Anlass für die Gruppe aus der Gegend um Meran, sich mit Bürgermeistern und Wirtschaftsvertretern ins Westallgäu aufzumachen und dort gelungene LEADER-Projekte zu besichtigen.
Die Gruppe erkundete drei LEADER-Projekte im Westallgäu: die Westallgäuer Wasserwege am Beispiel des Eistobels, das Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ in Grünenbach und den Baumwipfelpfad „Skywalk Allgäu“ in Scheidegg. An allen Stationen standen kompetente Ansprechpartner zur Verfügung, die das jeweilige Förderprojekt vorstellten und ihre Erfahrungen mit den Südtirolern teilten.
Der Eistobel zwischen Grünenbach und Maierhöfen zählt nicht nur zu den 100 schönsten Geotopen in Bayern. Er wurde jüngst auch von der Zeitschrift Focus als eines der 33 schönsten Natur-Paradiese Deutschlands neben der Insel Helgoland und der Sächsischen Schweiz gelistet. Das Naturschutzgebiet gehört zu den ersten Vorhaben, die von der Regionalentwicklung aufgewertet worden sind: Dabei wurden die Einrichtung des Infopavillons, die Beschilderung sowie die Bänke und Brücken aus Weißtannenholz bezuschusst. Rund 90.000 Euro an Förderung flossen dafür vor rund zehn Jahren. Eistobel-Führer Ulrich Endras führte die Gruppe gekonnt durch das Gebiet und machte aufmerksam auf den spannenden geologischen Entstehungsprozess der Schlucht, auf die Fauna und Flora und berichtete von der atemberaubenden Schönheit des Tobels im Winter mit seinen gefrorenen Wasserfällen und Eiszapfen.
Die „Alte Schule“ in Grünenbach, ein ehemaliges Messnerhaus, wurde innerhalb von drei Jahren und einer Investition von rund einer Million Euro (davon 400.000 Euro LEADER-Zuschuss) zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut. Stolz berichtete Markus Eugler, Bürgermeister von Grünenbach, von rund 140 Helferinnen und Helfern und 4.600 ehrenamtlich geleisteten Stunden, die das Haus zu dem gemacht haben, was es heute ist: Ein neuer Dorfmittelpunkt, in dem neben einer Förder- und Betreuungsgruppe für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz auch die Kirche und die Musikkapelle einen Gemeinschafts- bzw. Proberaum erhalten haben. Die Gemeindeverwaltung ist ebenfalls dort untergebracht.
Der Baumwipfelpfad „Skywalk“ in Scheidegg-Oberschwenden wurde mit 200.000 Euro an LEADER-Fördermitteln unterstützt. Rund 10 Millionen Euro investierte die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg als Projektträgerin in den Bau der Freizeitanlage, die im Jahr 2010 eröffnete. 50 Meter ragt das imposante Hängebrückenbauwerk in den Himmel, getragen von 14 Stahlmasten, an denen all die Brücken und Trag- und Abspannseile befestigt sind.
Der Skywalk ist eine Freizeitattraktion der besonderen Art, denn es handelt sich bei der Einrichtung um den ersten Integrationsbetrieb im Landkreis Lindau. Hier ist inzwischen die Hälfte von 22 festen Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen eingerichtet, wie Bürgermeister Ulrich Pfanner der Südtiroler Gruppe zu berichten wusste. Rund 160.000 Gäste besuchen die Freizeiteinrichtung pro Jahr.
Die Regionalentwicklung Westallgäu-Bayerischer Bodensee, die seit Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahr 2005 mehr als 140 Vorhaben umgesetzt hat, kann entsprechend mit einem bunten Strauß an Projekten aus unterschiedlichsten Bereichen aufwarten. So wählten LEADER-Koordinator Ethelbert Babl, zentraler Ansprechpartner von der LEADER-Förderbehörde am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten und Mariam Issaoui, Regionalmanagerin für das Westallgäu und den Bayerischen Bodensee, diejenigen Vorhaben für die Exkursion aus, die auch in das Südtiroler Gebiet passen könnten. „Uns war wichtig, dass die vorgestellten Maßnahmen aus den Bereichen Tourismus und Soziales bereits abgeschlossen sind, damit die Verantwortlichen in Grünenbach und Scheidegg nicht nur über die Umsetzung, sondern vor allem über die Wirkung der EU-Projekte berichten konnten“, so die beiden Zuständigen für LEADER. „Wir sind uns sicher, die Südtiroler haben viele Ideen mit nach Hause genommen.“
LEADER steht für die französische Abkürzung „Liaisons Entre les Actions de Développement de l‘ Economie Rurale“ und bedeutet so viel wie „Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der Ländlichen Wirtschaft“. Konkret werden mit dem EU-Finanztopf innovative Ideen bezuschusst, die – getreu dem Motto „Bürger gestalten ihre Heimat“ – aus der Bürgerschaft erwachsen sind.
Die LAG Westallgäu-Bayerischer Bodensee nimmt bereits drei Förderperioden am EU-Programm LEADER teil. Einst im Jahr 2005 mit einigen Westallgäuer Kommunen gestartet, haben sich bis heute alle 19 Gemeinden aus dem Landkreis Lindau (Bodensee) sowie der Markt Oberstaufen aus dem Landkreis Oberallgäu zu einem Fördergebiet zusammengeschlossen. So konnten zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht werden, die zur Weiterentwicklung der Region rund um den Lindauer Bodensee und das Westallgäu beitragen.
Weitere Informationen zu den genannten Projekten und zu LEADER allgemein finden sich im Internet unter www.wbf-mbh.de oder bei Facebook unter https://www.facebook.com/regionalentwicklung.wabb/.